Tag 5: Carl-von-Stahlhaus - Wasseralm (7 Std. ↑ 1000 ↓ 1310)

Nach einer unruhigen Nacht, mit wenig Schlaf fühle ich mich trotzdem erstaunlich munter. Zu 14 Uhr sind Gewitter angesagt und so machen wir uns nach einem kurzen Frühstück zügig auf den Weg.

Kaum aus der Tür raus, geht es direkt hoch auf den Schneibstein (2276 m).

Steil geht es über Steine und Geröll nach oben, dabei sind meine Wanderstöcke mehr störend als hilfreich, deshalb lass ich sie lieber weg und benutze, wenn nötig, die Hände.

Dunkle Wolken folgen uns, wir sollten also nicht trödeln.

Hier ist ungefähr die Hälfte des Aufstiegs geschafft, noch scheint die Sonne, ein guter Moment für ein Foto.

Den Gipfel (2276m) erreichen wir bei Nebel, der sich aber schnell verflüchtigt. Dicke Wolken hängen nun über uns, noch regnet es aber nicht. Ein paar Steinböcke haben wir gesehen, leider nur von Weitem. 🙁

Nach dem Gipfel geht es logischerweise erstmal wieder runter, über Fels- und Schrofengelände mit kaum Vegetation. Hier ist Trittsicherheit und Umsicht gefragt!

Viel Schnee ist hier noch liegen geblieben. Teile der Strecke sind wie hier, durch ausgetretene Pfade gut sichtbar, an anderen Stellen aber ist alles weiß und eine sichere Orientierung nur mit Navi möglich. 

Am Seeleinsee (1809m) vorbei geht es nun kurz und steil nach oben auf den Hochgschirr (1949m).

Puhh!! Ganz schön anstrengend im Schnee!!

Ein Blick nach unten und zurück auf den Seeleinsee. Es ist noch ein weiter Weg bis zur Wasseralm, das unwegsame Gelände setzt meinen Füßen zu, raubt mir so Konzentration und Energie, was auch die Gefahr eines Fehltritts oder Stolperers ansteigen lässt. Nur nicht nachlassen jetzt!

Nach langem, steilem, mühsamen Abstieg durch rutschige Restschneefelder, Steine und Geröll stehen wir bald darauf in einem märchenhaften, sattgrünen Wald.

Auf schmalen Pfaden gehen wir durch die, von leichtem Nebel umhüllten Bäume.

Glitzernde Wassertröpfchen an Gras und Blättern, ein Bächlein, Vogelgezwitscher und völlige Windstille verleihen dem Wald zusätzlich eine zauberhaufte und mystische Atmosphäre.

Von hier aus sieht man in der Ferne den Röthbachwasserfall, ganz klein sieht er aus, ist aber mit einer Fallhöhe von 470 m, der höchste Wasserfall Deutschlands.

Serpentinenartig schlängelt sich der Weg nun wieder nach oben. Meine Füße fühlen sich an wie im Schraubstock. Die wenigen wunderschönen Ausblicke auf den Ober- und Königssee kann ich kaum genießen, jeder Schritt tut mir weh und wir müssen noch ein ganzes Stück hochsteigen, bis wir unser Ziel, die Wasseralm, erreichen.

Angekommen – die Wasseralm – was für eine märchenhafte Idylle! Ich kann kaum an mich halten und mir kullern ein paar Tränchen runter. Einerseits, war ich ganz ergriffen wegen des traumhaften Anblicks, andererseits aber auch vor Erleichterung angekommen zu sein und endlich aus den Schuhen raus zu können, aber auch vor Verzweiflung, weil mir nun endlich klar wird, dass ich so nicht weiter laufen kann.

Also erstmal Schadensaufnahme: die beiden Großzehen tun am meisten weh und sehen auch nicht gut aus, die Nägel haben sich bereits leicht blau verfärbt, oh je! Ich muss einsehen: die Schuhe sind zu klein. Zwar habe ich extra eine Nummer größer gekauft, bin auch schon in den Schuhen ein paar Mal gewandert und natürlich weiß ich, das Füße bei großer Belastung anschwellen, aber offenbar war diesmal doch nicht genug Spielraum. Vermutlich hätte ich schon viel früher reagieren sollen. Ich entscheide mich noch 2 Tage, bis Maria Alm, die Zähne zusammenzubeißen. Dort würde ich dann eine Zwangspause einlegen und Ersatzschuhe besorgen. An einen Abbruch der Wanderung zu denken stimmt mich sehr traurig. Ich versuche die dunklen Gedanken wegzudrücken und einen schönen Abend zu haben, in dieser sehr gemütlichen Hütte, mitten in der Wildnis. In der Wasseralm gibt es keine Duschen und keinen Handyempfang und alle schlafen in einem Raum (gut, dass ich Ohropax dabei habe!), der an kühlen Tagen, wie dem heutigen, nicht besonders warm ist. Draußen regnet es den ganzen Abend und die ganze Nacht in Strömen.